220.000 RMB für zwei Quadratmeter Boden. Dabei ist die Lage alles andere als zentral und es ist auch keine U-Bahn in der Nähe. Und doch bedeutet so ein Mini-Grundstück den Chinesen mehr, als das Appartement im Zentrum Shanghais. Denn es handelt sich um die letzte Ruhestätte. Chinas Grabpreise schnellen genauso in die Höhe wie die Immobilienpreise.
Die riesige Bevölkerung Chinas stellt für das Land nicht nur lebendig eine Herausforderung dar. Der Platz auf den Friedhöfen wird knapp. Die Regierung in Peking hat deswegen beschlossen, Gräber nur noch für 20 Jahre zu verkaufen. Was in Deutschland Gang und Gäbe ist, stößt in China auf großen Protest in der Bevölkerung. Der Ahnenkult spielt nach wie vor eine Rolle.
Das Grab der Vorfahren nicht mehr pflegen zu können, ist für die meisten Chinesen unvorstellbar. Die Stadtregierung von Shanghai hat verfügt, dass Gräber für 70 Jahre vergeben werden. Dafür gibt es pro Person nur noch 1 m². Das wird selbst für zart gebaute Chinesen eng. Voller Empörung wurde in den Abendnachrichten berichtet, dass der wohlhabende Herr Wang gleich zehn Grabplätze gekauft hat. Mit dem Tod spekulieren, auch das soll jetzt unterbunden werden.
Xiao Qian grinst. Er hat sich schon vor einigen Jahren seine zwei Quadratmeter gekauft. Am Dienstag wurde das Totenfest, Qingming Jie, in China gefeiert. Da hat Xiao Qian auf dem Friedhof nicht nur seinen Ahnen geopfert, sondern auch noch kurz bei seinem eigenen Grab nach dem Rechten gesehen.
Shanghais Friedhöfe liegen weit außerhalb der Stadt. Zu Lebzeiten teilen sich viele Chinesen wenige Quadratmeter und auch im Tot liegen sie eng beisammen. Ein Grab direkt am nächsten, Gräber so weit das Auge reicht. Am Totenfest fahren die Familien, oft schwer bepackt, gemeinsam zu ihren Ahnen.
Auf die steinernen Grabplatten werden Opfergaben gelegt. Bananen, grüne Reiskuchen, ein Fläschchen Schnaps und Zigaretten für den verblichenen Opa, frische Blumen für die Oma. Damit sich die Ahnen im Jenseits auch etwas leisten können, wird Papiergeld verbrannt. Der Rauch beißt in den Augen. Dicke Räucherstäbchen verbreiten einen süßen Qualm.
Das Totenfest in China ist aber keineswegs nur ein Tag der Besinnung und Trauer. Schon im Bus vom Friedhof zurück in die Stadt werden die übriggebliebenen Opfergaben vertilgt. Danach lassen manche Familien Drachen steigen, andere gehen Erdbeeren pflücken.
Und Xiao Qian verrät schließlich, was am Totenfest besonders wichtig ist: das gemeinsame Essen mit der ganzen Familie.